Formerei
Landschaftsarchitektur und Kunst am Bau Gipsformerei, Berlin
Die Gipsformerei steht in funktionaler Dualität zwischen Produktion und Präsentation. Der historische Ort ist Produktion, Lager, Schauraum, Verkauf, er dient der Wissenskonservierung und Vermittlung. Der gemeinsame Entwurf für die künstlerische und landschaftsarchitektonische Gestaltung der Freiräume widmet sich dem Raumbild einer Manufaktur, als präsentabler Werkhof. Ein angenehmer, gleichzeitig funktionaler, formal repräsentativer, gleichzeitig vorbildlich nachhaltig gestalteter Ort.
FORMEN
Konzeptionell steht der Umgang mit Formgebung, Kopie, Prozess und Veränderung im Vordergrund; unterschiedliche Zeitlichkeiten werden sichtbar gemacht. Inhaltlich an die Tätigkeiten der Gipsformerei angelehnt, erzeugen Skulptur und Gartenkunst Repräsentation und räumliche Gliederung. Sie stellen Fragen nach dem Verhältnis von gewachsener Form zu kultureller Formung und Original zu Kopie. Zur Sophie-Charlotten-Straße hin schafft eine Säulenfigur aus replizierten Einzelformen zusammen mit der seriellen Reihung flacher Heckenkörper eine einprägsame, gleichzeitig spielerische Präsenz der Gipsformerei.
Menschliche, kulturelle Formgebung stehen auch hinter den beiden augenscheinlichen landschaftsarchitektonischen Gestaltungsmitteln der Gipsformerei: Neben den Heckenkörpern vor dem Gebäude wird der zentrale Hofraum nach Süden hin von einer Reihe von Spalierbäumen gefasst, die gleichzeitig die Sequenz der Aussenräume von Ost nach West begleiten. Hecken- und Spalierformen thematisieren gleichzeitig gärtnerisch wie gartenkünstlerisch die Balance zwischen Natur und Kultur. In der Gipsformerei dient die Formgebung der Pflanzen auch der Unterstreichung des Kontrasts: Während die Formgehölze prägnante, leitende Raumelemente bilden, kontrastieren sie die naturnah konzipierten Bodenoberflächen.
VEGETATION
Die Heckenkörper werden aus Eiben vorgezogen, als Spalierbäume sehen wir Feldahorn vor. Der bestehende Bergahorn im Hofraum wird mit weiteren Ahornen (Ersatzpflanzungen) zu einer informellen Baumgruppe ergänzt. Die Gehölze stehen in einer offenen, naturnahen Kräuterrasenfläche. Nach Süden hin wird der Hofraum entlang der Nachbarmauer mit niedrigen Gehölzen begrenzt. Z.B. Cornus, Amelanchier (ovalis), Salix (purpurea), Berberis (julianae), Euonymus (europaeus), Ligustrum, Ribes (sanguineum).
Die Flächen zwischen den Heckenkörpern im Vorgarten werden als naturnahe Rasen entwickelt. Westgarten: Der leicht geböschte Bereich aus Wiesenflächen wird mit lichten, landschaftlichen Gehölzen bestellt (Acer campestre, Pyrus communis, Juglans nigra, Pflaumenbaum (Mitarbeiter)). Fassadenbegrünung ist am Neubau mit Selbstklimmern vorgesehen (Wilder Wein).
KUNST: WIE EIN EI DEM ANDEREN
Wie ein Ei dem anderen gleichen sich die sieben Formen, die im Vorgartenbereich des Altbaus der Gipsformerei zu einer Säule übereinandergestapelt sind. Genauso gleichen sich die großen Heckenvolumen, die in strenger Reihung den Freiraum dieser Vorgärten strukturieren.
Wie ein Ei dem andern gleichen sich auch die Abgüsse, die mit den in der Gipsformerei der Staatlichen Museen archivierten Stückformen jeweils hergestellt werden.
Der künstlerische Vorschlag greift die Idee der Kopie von Modellen sprichwörtlich auf. Im Kontext der für die Gipsformerei konzipierten Freiraumgestaltung thematisiert er die Differenz zwischen natürlich gewachsener Form und durch den Menschen erzeugte Formung. Die Arbeit besteht aus einem Ensemble zweier Säulen aus identischen, senkrecht aufeinander getürmten Eiformen an zwei verschiedenen Orten der Gipsformerei. Die neunteilige Wiederholung der Säule im Werkhof erweitert das Thema der potentiell unendlichen Reproduzierbarkeit auf die Ebene des Kunstwerks selbst. Sie steht in direkter Blickbeziehung zur Werkhalle des Neubaus und ist somit ein Verweis auf den handwerklichen Herstellungsprozess vom Original über die Form zum Modell. Beide Säulen erinnern zudem an das ikonische Werk „Unendliche Säule“ des rumänischen Bildhauers Constantin Brancusi.
Beide Säulen stehen räumlich und inhaltlich in Beziehung zueinander, sowie zu der sie umgebenden Freiraumgestaltung und den Betriebsabläufen der Gipsformerei. Sie aktivieren den Raum zwischen diesen Orten zu einem offenen Diskurs über Original und Kopie, Form und Formung.
Zwei Säulen aus gegossenen Hohlformen; Material: Aluminiumguß, Oberfläche glatt, matt weiß lackiert.
Type: | Competition, Nichtoffener Wettbewerb für die Disziplinen Landschaftsarchitektur und Kunst Gipsformerei, Berlin |
Status:
Location: |
1st Prize
Gipsformerei Berlin, Germany |
Area: | 0,25 ha |
Year: | 2024 |
Artist Barbara Wille, Assistant Adriaan Klein
Perspective visualisations Adrian Calitz